"Don't kiff and drive!"Durch Reaktionsbeschränkungen gefährden Cannabis-Konsumenten andere Straßenverkehrsteilnehmer Cannabiskonsum wirkt sich in den ersten 6 Stunden stark auf die Fahrsicherheit aus. Das berichtete Frank Mußhoff, München, auf dem Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) in Berlin. "Das Auge ist ein Fenster des Gehirns", sagte Mußhoff, "und wenn das Gehirn von einer Droge beeinflusst wird, überrascht nicht, dass das Auge ebenfalls beeinflusst wird." Von einem gelegentlichen Konsumenten geht wahrscheinlich aufgrund fehlender Gewöhnung eine höhere Gefahr aus. Nach etwa 6 Stunden liegt er wieder unter dem bisher angenommenen Grenzwert von 1 ng/ml. Den neuen Grenzwert von 3,5 ng/ml wird er früher unterschreiten, aber es ist nicht gesagt, dass die Droge dann schon nicht mehr seine Fahrtauglichkeit herabsetzt. Der Cannabiskonsum schwächt gleich mehrere Bereiche, die beim Führen von Kraftfahrzeugen eine Rolle spielen:
Diese umfassenden Einschränkungen können eigentlich nicht überraschen, da die Droge die Tiefenwahrnehmung stört. Zu den Beeinträchtigungen des Sehvermögens gehört etwa die Schwächung des räumlichen Sehens. Geschwindigkeiten, Abstände und Entfernungen werden nicht mehr richtig eingeschätzt. So kommt es häufig zu Kurvenunfällen durch verspätetes Bremsen oder zu Unfällen mit entgegenkommenden Fahrzeugen beim Linksabbiegen. Auch das Kontrastsehen ist gemindert. An Studienteilnehmern konnte nachgewiesen werden, dass sie bei Gegenlicht leichter geblendet sind und tatsächlich als Fernlicht deuten, was in Wirklichkeit nur Abblendlicht ist. Eine weitere Studie konnte belegen, dass sich die gestörte Tiefenwahrnehmung in Spurhalteproblemen zeigt. Cannabiskonsum verzögert ferner auch die Augenbewegungen. Die im Straßenverkehr so wichtige Fähigkeit, eine Umgebung schnell und effektiv zu erfassen und angemessen zu reagieren, ist deutlich verringert. So werden etwa ein spielendes Kind am Straßenrand oder ein auf die Straße rollender Ball deutlich langsamer erkannt. Dieses Defizit hält bei regelmäßig Konsumierenden sogar noch länger an als sich mit Laborwerten immer bestätigen lässt. Die Teillegalisierung des Konsums und die Erhöhung des Grenzwertes geben ein falsches Signal. Es ist mit einer Bagatellisierung dieser Drogenwirkung zu rechnen; umso mehr, als Messwerte oberhalb der festgesetzten Grenzen nicht per se einen Straftatbestand darstellen. Das ist anders als beim Alkohol und dem Überschreiten des Grenzwertes von 1,1 Promille. Der ADAC empfiehlt einen Abstand von 24 Stunden zwischen Konsum und Fahren als weitgehend sicher. Doch bei regelmäßigen Konsumenten darf man davon ausgehen, dass ihre Kumulation von THC (Delta-9-Tetrahydrocannabiol) für ein viel längeres Verharren auch über dem neuen Grenzwert sorgt. Zu der stärkeren Gefährdung nichtkonsumierender Teilnehmer im Straßenverkehr durch die Cannabislegalisierung kommt dann auch die schwierigere Rechtslage. Mithin wäre sinnvoll, wenn alle Führerscheininhaber darüber aufgeklärt würden, welche optischen Einschränkungen bei Drogenkonsumenten die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer bedrohen. So könnten sie in gegebenen Fällen verlangen, dass der Drogenkonsum der Unfallverursacher festgestellt wird. Cannabislegalisierung: Wie wirkt sich THC-Konsum auf das Sehvermögen im Straßenverkehr aus? Professor Dr. Frank Mußhoff, Geschäftsführer Forensisch Toxikologisches Centrum GmbH, München. Vorab-Online-Pressekonferenz des 122. Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG), Dienstag, 1. Oktober 2024, 11.00 bis 12.00 Uhr
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