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Hoher Diagnoseaufwand bei Lungenhochdruck unverzichtbar


Diagnostik schwierig angesichts der Seltenheit mancher Formen des Lungenhochdrucks

Dresden (ams). Experten in der Behandlung der Pulmonalen Hypertonie (PH) oder Pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH) sehen mit Sorge, dass der aufwändige Komplex von Diagnose und Therapie dieser bedrohlichen Krankheitsbilder, insbesondere ihrer verschiedenen Unterformen, nicht im erforderlichen Maße beibehalten wird. So ist nicht verwunderlich, dass bis zur Diagnose immer noch rund zwei Jahre vergehen. Oder die Diagnosen PH oder PAH werden allein aufgrund einer Echokardiografie gestellt. Dadurch kann etwa eine thromboembolische PH übersehen oder unzureichend behandelt werden. In Fortsetzung dieser Ungenauigkeiten wiederum kommt es, so die Experten, in wachsendem Maße dazu, dass eigentlich großartige Medikamente zur Behandlung der PAH (Prostanoide, Endothelin-Rezeptor-Antagonisten, Phosphodiesterase-5-Inhibitoren) unkritisch eingesetzt werden und dadurch in Gefahr geraten, bei etwaiger Nichteignung falsch-negativ beurteilt zu werden. Schlimmer aber ist, dass beim vorschnellen Einsatz der eigentlichen PAH-Medikamente Patienten mit PH und Linksherzinsuffizienz oder einer vorausgehenden chronischen Lungenerkrankung nicht optimal behandelt, ja, sogar gefährdet werden.

Pulmonale arterielle Hypertonie (PAH)
© Actelion Pharmaceuticals Deutschland GmbH

Es ist also eine Reihe von Untersuchungen unerlässlich, mit denen eine durchaus richtig Diagnose einer PH oder PAH bestätigt werden, aber dann vor allem klinisch genauer zugeordnet und die funktionellen und hämodynamischen Schweregrade eingeschätzt werden müssen. Routineuntersuchungen wie Lungenfunktion, EKG und Röntgen-Thorax sind alle wichtig, aber reichen alleine nicht aus, eine PH zu diagnostizieren. Erst anhand aller nicht-invasiver Befunde kann eine PH mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Den Spezialisten in geeigneten Herz- oder Lungenzentren bleibt auch nicht verborgen, dass die Art der Intervention und die beschlossenen Befunde in hohem Maße von den Neigungen der Untersucher abhängen. Die Neigung zu einem Verfahren oder einem Gerät ist zunächst einmal nicht schlimm, begründet sie doch die Stärke des Untersuchers. Seine Verantwortung für den Patienten jedoch dazu bringen, dass er die Patienten zu Fachkollegen schickt, egal, wie sicher ihm seine Diagnose vorkommen mag.

Lungenfunktion, EKG und Röntgen-Thorax sind alleine nicht ausreichend

Erschwerend kommt hinzu, dass die Zeichen der Krankheit, die ein Patient tatsächlich bemerken kann, unspezifisch sind. Es handelt sich im Allgemeinen um Belastungs-Atemnot, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Schmerzen im Brustkorb, Herzstolpern, Flüssigkeitsansammlungen und Zunahme des Bauchumfangs. Eine deutlichere Sprache sprechen da schon die Herztöne. Wenn bereits Stauungen der Halsvenen, Lebervergrößerungen, periphere Ödeme und kühle Extremitäten vorliegen, dann weist das auf ein fortgeschrittenes Stadium hin.

Ein EKG alleine ist in der Lage, Rechtsherzhypertrophie-Zeichen und Rechtslagedeviationen in Fällen von idiopathischer PAH aufzudecken. Doch wenn diese Zeichen im EKG fehlen, sind damit weder eine PH noch hämodynamische Veränderungen ausgeschlossen. Das EKG ist insgesamt zu wenig sensitiv und spezifisch, als dass es als Screening-Methode in Frage käme. Gerade Patienten mit einer noch leichten PH sind im EKG oft unauffällig.

Die Röntgen-Thorax-Untersuchung kann Hinweise auf eine Lungen- oder Linksherzerkrankung geben. Der Schweregrad der PH korreliert jedoch nicht mit dem radiologischen Befund.

Selbst in Fällen schwerer PAH können die Lungenfunktionswerte einschließlich von Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid und Blutgasen immer noch im Normbereich liegen. Auch dieses Verfahren also ist als Diagnoseinstrument unzureichend, sondern hat seinen Wert in der Gesamtheit mit allen anderen Verfahren.


© Actelion Pharmaceuticals Deutschland GmbH

Mit Echokardiografie nur Abschätzungen des pulmonalen arteriellen Drucks

Die transthorakale Echokardiografie sollte bei allen Patienten mit einer vermuteten PH durchgeführt werden. Mit ihr kann der rechtsatriale Druck anhand von Weite und Atemvariabilität der unteren Hohlvene geschätzt werden. Wiewohl die EK gut mit invasiv ermittelten Werten übereinstimmt, muss der Untersucher wissen, dass die dopplersonografische Abschätzung des systolischen pulmonal-arteriellen Drucks ungenau sein kann. Auch die dopplersonografische EK ist daher nicht zum Screening von leichten, asymptomatischen PH geeignet. Eine transösophageale EK hingegen ist erst bei Verdacht auf Shuntvitien erforderlich. Die EK bleibt jedoch insgesamt das wichtigste nicht-invasive Verfahren und zugleich das wichtigste Instrument der Verlaufsbeobachtung.

Zu einer Echokardiographie speziell des rechten Herzens liegen bisher noch keine Standards vor. Dieses Verfahren ist in besonderem Maße von der Erfahrung der Untersuchenden abhängig und ist in vielen Fällen noch mit Fehlern behaftet. Daher berechtigen eindeutige Hinweise auf eine PH keineswegs den Beginn einer gezielten PAH-Therapie.

Wenn eine PH vorliegt, sollte eine Ventilations- und Perfusionsszintigrafie vorgenommen werden. Denn sie kann nachweisen, ob eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie vorliegt,  so dass diese (CTEPH) gezielt behandelt werden kann. Hier ist die Szintigrafie sogar der Computertomografie überlegen.

Die Stärke der hochauflösenden Computertomografie (CT) ist der Ausschluss von interstitiellen Lungenerkrankungen oder eines Lungenemphysems. Darüber hinaus kann sie Hinweise auf eine pulmonale venöse Verschlusskrankheit liefern. Wird die CT kontrastmittelgestützt, so kann man das Krankheitsbild der CTEPH weiter analysieren und sogar eine mögliche Operations-Fähigkeit ermitteln.

HIV oder Hepatitis nicht übersehen

An die Reihe der nicht-invasiven Analysegeräte schließen sich Blutuntersuchungen an. Sie dienen zunächst dazu, schwere Formen wie Kollagenose, HIV oder Hepatitis auszuschließen, die den Lungenhochdruck verursachen können. Wenn Anti-Cardiolipin-Körperchen vorliegen, weist das auf einen systemischen Lupus-Erythematodes hin. Auch Schilddrüsenerkrankungen kommen in nicht weniger als 20 Prozent der Fälle vor. Bei der anfänglichen Diagnostik sollte auch eine rheumatologische Abklärung erfolgen.

Je mehr Erfahrung ein Untersucherzentrum bekommt, desto eher gelingt es, einen Algorithmus zu bilden, anhand dessen man zuerst die häufigeren Formen der PH ausfindig gemacht und der Schweregrad der PH eingeschätzt werden kann. Diese Einschätzung ist wichtig, weil sie bei der Wahl der Therapie, der Planung weiterer Untersuchungen und der Verlaufskontrolle eine wichtige Rolle spielt.

Eines der wichtigsten Verfahren ist die Spiroergometrie. Dieses Verfahren ebenso wie der 6-Minuten-Gehtest korrelieren gut mit der wirklichen Schwere der PH, so dass der Gehtest das derzeit einzige Verfahren körperlicher Leistungsfähigkeit ist, was von der amerikanischen FDA und der europäischen EMA als Zulassungsbehörden als Endpunkt innerhalb von Studien anerkannt ist. Wichtig ist jedoch an Spiroergometrie und Gehtest zu beherzigen, dass sie zwar jeweils gut mit dem Schweregrad korrelieren, jedoch nicht als Methoden untereinander. Ferner kann es keinen einzelnen Spiroergometrie-Befund geben, der eine Diagnosestellung erlaubte.

A. Martin Steffe, Leipzig