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Primus Truber (Trubar, 1508-1586) im schwäbischen Wittenberg
Der slowenische Reformator und die Bibelübersetzung ins Türkische



Altersporträt Trubers aus einer seiner Schriften, darunter die frühere Tolar-Note Sloweniens mit seinem Bildnis.

Welches Euro-Land außer Slowenien führt das Porträt eines Pfarrers auf einer Münze oder einem Geldschein? Seit dem 1. Januar 2007 ist das Antlitz Primus Trubers auf der 1-Euromünze geprägt und von der früheren 1-Tolarnote übertragen und macht den Reformator aus Südeuropa auf einen Schlag allen Europäern eindrücklich bekannt. In der Tat fragten die meisten Gäste der CMT-Messe in Stuttgart am Slowenienstand nach der 1-Euromünze.

Das slowenische Volk begriff schon bald, was es an dem Mann hat, der die meiste Zeit seines Lebens im Herzogtum Württemberg verbrachte: Es dankt ihm, genauso wie das deutsche Volk seinem Martin Luther die Festigung des neueren Deutschen, die Sicherung der slowenischen Volkssprache. Völker ließen sich stets auch von Rattenfängern verführen. Die Völker haben aber auch ein untrügliches Gespür für seine wahren Helden.

Ein vollausgebildeter Theologe wird für die Reformation gewonnen


Bildhauer Kurt Grabert schuf 1986 die Truber-Statue zur Erinnerung an das 400. Todesjahr Trubers.

Primus Truber (oder slowenisch Trubar) wurde im Jahre 1508 in Raščica südlich von Ljubljana geboren. Im kommenden Jahre wird man mit der 500-Jahrfeier seiner Geburt dieses Mannes in besonderer Weise gedenken. Er muss als vollausgebildeter Theologe wohl so eine Art Saulus gewesen sein. Denn schon mit 34 Jahren wurde er Domherr zu Laibach (wie Ljubljana damals hieß). Entscheidenden Anteil an Trubers Wende als Paulus des evangelischen Glaubens hatte eine Begegnung mit dem Schweizer Reformator Heinrich Bullinger, einem Mitarbeiter Ulrich Zwinglis. Dieser Kontakt sollte allerdings auch noch einmal zu dramatischen Schwierigkeiten für Truber führen.

Bis zum Jahre 1547 konnte Truber wie auch einige andere Geistliche in Slowenien evangelisch wirksam sein. Dann fiel ihre andere Lehre auf. Durch die Flucht im Jahre 1548 ging Truber schlimmen Verfolgungen aus dem Wege. Sämtliche Güter und sämtliche Einkünfte musste er zurück lassen.

Erste Station war die freie Reichsstadt Nürnberg, die mit Reutlingen die erste Stadt war, die die Erklärung der deutschen Kurfürsten auf dem Reichstag zu Worms mitunterzeichnet hatten. In der Hochburg des Protestantismus, der Handwerker und Gelehrten half Truber der Pfarrer Veit Dietrich, mit seinem drastisch veränderten Leben zurechtzukommen. Er verhalf ihm auch zu einer ersten Pfarrstelle in Rothenburg ob der Tauber. Später wirkte Truber einige Jahre in Kempten im Allgäu.

Durchschlagender Erfolg der neuen Übersetzung

Auf einer Station in Ulm begegnete Truber 1555 dem Italiener Pietro Paolo Vergerio, einem ebenfalls zum evangelischen Glauben bekehrten Priester. Der regte ihn zur Fortführung des reformatorischen Werkes in Slowenien durch die Bibelübersetzung an. Was Truber sogleich in die Tat umsetzte. Zuerst übersetzte er ein paar Schriften Luthers. 1560 kam dann das erste slowenische Neue Testament heraus.

Die überschwengliche Dankbarkeit des slowenischen Volkes, die Truber übermittelt wurde, regten ihn an, die Bibel auch ins Kroatische zu übersetzen. Das konnte er allerdings nicht selbst besorgen, sondern brauchte die Hilfe des ehemaligen kroatischen Priesters Stefan Konsul. Die Arbeit schien die Theologen zu beflügeln: Sie mussten sich – anders als Martin Luther – ja auch damit beschäftigen, ob sie die jeweiligen Bibel mit lateinischen, kyrillischen oder eher griechisch orientierten Lettern übersetzen wollten. Wo aber gab es das Gewünschte? Stefan Konsul reiste vier Monate nach Nürnberg, um dort bei Schriftgießern den nötigen Satz Lettern zu beschaffen. Auf dem Höhepunkt des Druckwesens für Südeuropa siedelten sich Nürnberger Schriftgießer für kyrillische Lettern sogar in Urach an. Zu dem Zeitpunkt befand sich eine vollständige Infrastruktur von der Papierherstellung bis zum Bibelversand konzentriert in Urach.


Innenhof der Stiftung der Brüder vom gemeinsamen Leben. Im Vordergrund: Die 1986 eingeweihte Statue Primus Trubers. Die Anlage ist heute Heimat von Stift Urach, dem Einkehrhaus der Württembergischen Landeskirche.

Grabenkämpfe im Protestantenlager

Zunächst aber gab es Gefahr am herzoglichen Hofe: Der Italiener Vergerio neidete Truber die Aufmerksamkeit und den Erfolg, den er genoss. Er schwärzte ihn beim Herzog als „Zwinglianer“ an. Zu jener Zeit darf man sich die Reformation noch nicht als bürokratisch gefestigte Burg vorstellen. Sie stand vielmehr gefährdet innerhalb einer mühsam zu haltenden Balance, die die Fürsten immer wieder neu stabilisieren mussten. Da stellte ein Blick in die Schweiz schon eine Gefährdung des württembergischen Reformationsfriedens dar. Der ehrenkäsige Vergerio ließ nicht locker, sondern behauptete 1599, Truber wiche vom Augsburger Bekenntnis ab. Da war er aber an den Falschen geraten. Kein Geringerer als Kaiser Maximilian selbst entkräftete die Vorwürfe. Nicht alleine, weil er insgeheim mit den Protestanten sympathisierte, sondern weil er selbst mehrere Sprachen beherrschte und aus profunder Sprachkenntnis heraus sich schützend vor Truber stellen konnte. Das reichte dann auch ein für alle Male.

Auf Truber war jedoch mittlerweile ein anderer Flüchtling aufmerksam geworden, nämlich der ehemalige Landeshauptmann der Steiermark Hans Ungnad von Sonnegg. Die drei Flüchtlinge, Vergerio, Sonnegg und Truber gehörten einem abenteuerlich europäisch gemischten Rat Herzog Christophs an. Sonnegg verteidigte Truber erfolgreich, so dass die Sprach- und Reformationsarbeit weitergehen konnte. Und neue Ziele tat man auf: In einer Geheimaktion hatte sich Truber 1567 mit muslimischen Geistlichen getroffen, dazu lebhaft unterstützt durch Herzog Christoph. Trubers derartige Aufgeschlossenheit ist schon Grund genug für eine eigene Würdigung, aber er nahm sich doch tatsächlich vor, das Neue Testament ins Türkische zu übersetzen. Dazu kam es jedoch nicht mehr, weil Truber sich von den heimatlichen Hirten zu seiner slowenischen Herde rufen ließ und eine Rückkehr nach Laibach riskierte. Zunächst alleine, dann mit der Familie.


Blick auf das ehemalige Herzogsschloss Urach mit Stadttorrest und eingerüstetem Kirchturm von Amandus.

Truber geht auf Türken zu

Die Überlegung des Herzogs und Trubers, mit muslimischen Geistlichen Verbindung aufzunehmen, ist aus heutiger Sicht unbedingt richtig gewesen. Denn anders als die Christen des 12. und 13. Jahrhunderts befanden sich die Türken nicht in einem Glaubenskrieg oder gar auf einem Kreuzzug. Aber – und das ist ein gravierender Unterschied zu den Protestanten in Frankreich – sie wurden von der damaligen katholischen Kirche immer wieder perfide genutzt: Wenn es zu Räubereien und Morden gekommen war, dann begründeten das die Priester damit, dass es eine Strafe Gottes sei, weil man zu nachsichtig gegenüber den Protestanten gewesen wäre. In Frankreich demgegenüber richtete sich der Umgang mit den Protestanten immer danach, wie es um Spanien bestellt war: War es stark, so schonte man die Protestanten aus Verteidigungsgründen. Fühlte sich Paris Madrid überlegen, nahm die physische und geistige Erdrosselung der Hugenotten wieder zu.

In Ungnad von Sonnegg fand Truber einen persönlichen und geistlichen Freund. Aber noch viel mehr: Sonnegg wurde ihm zu seinem Gönner ähnlich wie einst in Wittenberg Kurfürst Friedrich der Weise für Luther. Denn anders als Truber behielt Sonnegg seinen steiermärkischen Besitz und seine Einkünfte, so dass er Trubers Übersetzungs- und Druckarbeit nach Kräften auch finanziell fördern konnte. Und das tat der leidenschaftliche Protestant. Dazu wohnte Sonnegg auch nicht schlecht, nämlich in der ehemaligen klosterähnlichen Anlage in Urach in unmittelbarer Nachbarschaft zu Herzogsschloss und Amanduskirche. Hier gab es genug Platz für Schreibzimmer und Druckkeller. In dem von starken Flüssen durchströmten Herzogstädtchen entstand auch eine Papiermühle – eine der ersten Württembergs – so dass die fieberhafte Arbeit auf kurzen Wegen verwirklicht werden konnte.

Expertenhochburg in Urach

Zunächst stand im Herzogtum als erfahrene Druckerei nur der Betrieb der ausgewanderten Straßburger Familie Morhart und Gruppenbach in Tübingen zur Verfügung. Wegen der enormen Inanspruchnahme durch Truber errichtete die Familie in Urach einen Zweigbetrieb. Und Truber, der bis dahin in Derendingen als Pfarrer arbeitete, nahm ab 1561 eine Pfarrstelle in Urach an, damit er stets zu Übersetzungen, Korrekturen und Planungen in nächster Nähe erreichbar war.

Bittere Trübsal fiel über das emsige Übersetzer- und Handwerkerteam, als bereits Truber in Slowenien war und von dort aus die Schriftarbeit prüfte. Er kritisierte etwas mit der verhängnisvollen Formulierung, es sei „viel falsch“. Das traf Hans Ungnad zutiefst. Er hat es Truber möglicherweise nie ganz verziehen. Aufgrund des persönlichen Zerwürfnisses glitt dann auch bald die bis dahin geschlossene Zusammenarbeit auseinander. Ungnads Initiative war es, das slowenische Kirchenliederbuch zu drucken. Die gereizten gegenseitigen Kontrollen der Schriften führten dazu, dass jedem Werk eine deutsche Übersetzung beigefügt wurde, so dass der Herzog sich selbst ein Bild machen könne. Im Jahre 1564 starb Hans Ungnad von Sonnegg. Der Ausfall seiner finanziellen Unterstützung führte dazu, dass eine Bittreise in die protestantischen Reichsstädte unternommen wurde. Nicht weniger als 2.000 Gulden kamen auf diese Weise zusammen.


Der ehemalige Amandenhof wird von einer Dreiflügelanlage, die an die Amanduskirche im Süden angrenzt, gebildet.

Der Altmeister hat treue Nachfolger

Die treuen Mitstreiter Stefan Konsul und Anton Dalmata gingen 1566 nach Regensburg und arbeiteten dort selbständig weiter. Sie gaben dort auch die Postillen des Württembergers Johannes Brenz kroatisch heraus.

Trubers Triumphzug zurück nach Laibach währte nicht lange. Schon 1565 musste er wieder fliehen. Nach seiner zweiten Flucht war sein erster Standort Lauffen am Neckar, wo er ein Jahr lang Pfarrer war. Danach zog er wieder nach Derendingen, den altvertrauten Standort. Hier blieb er bis zu seinem Tode und wurde auch dort begraben. Im Jahre 1581 gab Truber seine zweite slowenische Bibelübersetzung heraus. Unterstützt von seinen Söhnen blieb er bis 1586 als Übersetzer tätig. In seinem für damalige Verhältnisse allerdings außerordentlich langen Leben von 78 Jahren hatte Truber dreimal geheiratet. Fast die gesamte slowenische protestantische Literatur des 16. Jahrhunderts entstand und wurde herausgegeben in Urach. Nur zur Tarnung wurde anfangs „Siebenbürgen“ als Druckort angegeben.

A. Martin Steffe, Reutlingen

Stift Urach
An der Wirkungsstätte Trubers und Sonneggs in Urach befindet sich heute das Einkehrhaus der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Stift Urach.