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„It’s not a box!”

Architekt auf Kreta: Michael Kaffetsakis

In Architektur und Kunst bezieht sich alles auf Griechenland. Viele Wörter von „Architekt” bis „Orchestra” weisen auf ihren griechischen Ursprung hin. Die Städte und Dörfer Griechenlands und Kretas lassen die großartige Vergangenheit nicht immer durchscheinen. Sie rühren meistens durch ein charmantes Chaos an. Oder die Neubauten entstehen nach dem Muster: Oben eine Wohnung, durch eine laaaange Außentreppe (natürlich ohne Geländer) erreichbar, unten gähnende Leere zwischen hohen Säulen für ein eventuelles Ladengeschäft.

Aufträge von Athen bis Ierapetra

Eine Ausnahme und eine Perspektive auf das Mögliche sind auf Kreta die Projekte des Architekten Michael Kaffetzakis. Sein Büro hat er in einem ansprechend gestalteten Hochhauskomplex in der Nähe des Hafens von Heraklion, ein kleineres Büro in seinem Heimatort an der Lassithi-Hochebene - wahrscheinlich für die kreativen Momente. Acht Mitarbeiter, darunter sein Sohn, werden von ihm beschäftigt. Er selbst verbrachte einen Teil seines Studiums in Florenz.
In Griechenland zählte Georgios Theodosopoulos zu den ihn prägenden Architekten. Er ist auf Kreta vor allem durch seine Renovierung des Klosters Toplou im Osten Kretas - für viele Touristen auf ihrem Wege zum Palmenstrand von Vaj. Kaffetsakis’ erstes Gebäude entstand 1977. Er arbeitet für Privatleute, Kommunen, Firmen und Hotels. Aufträge bekommt Kaffetsakis auch aus Athen.

Einmal bekam Kaffetsakis bisher den Auftrag, von dem ein Architekt träumt: Bauen Sie mal, wie sie wollen, beschied ihm der Bauherr. Es entstand eine Villa auf quadratischem Grundriss. „Aber kein Kasten!” betont Kaffetsakis Mitarbeiter, der die Kritik an den ungeplanten, hastig hingesetzten Häusern auf Kreta verstand. Die Einbeziehung des Materials von Beton und Stein, die Einbettung in die Landschaft, die Platzierung von Fenstern, Türen und Balkonen vermitteln schon auf den ersten Blick Wohlbehagen bei diesem Gebäude. Das überwölbende Runddach gibt der Villa ein hinreißendes Aussehen.

Neubau und Restaurierung

Hauptschwierigkeit eines Architekten auf Kreta ist, dass so viele Männer auf der so lange von Fremdherrschaft unterdrückten Insel ihre Häuser selber entwerfen und bauen. Der Mehrwert eines vom erfahrenen Architekten geplanten und ausgeführten Hauses ist noch nicht so vertraut. Mithin liegen die Honorare auch noch weit unter dem bei uns Üblichen.

 

Dort in Vaj ist auch ein Hotelkomplex in Arbeit. In Mires wird ein weiterer Mischkomplex entstehen. Die quirlige und bislang etwas ungepflegte Stadt in der Mitte Kretas kann so ein Leit-Gebäude gut gebrauchen. Weiter führt uns die Reise zu Kaffetsakis’ Objekten nach Ierapetra, Malia, Neapoli, Zakros und Elounda. In Agios Nikolaos steht gleich im Zentrum am See ein traditionelles Gebäude - heute Café - das unter seiner Leitung restauriert wurde. Dazu schätzt Kaffetsakis seine Heimat und ihre Geschichte zu sehr, als dass er sich nur auf künstlerische Neuobjekte verlegte.

Ein Ladenzentrum wie ein kleines Dorf

Im mittleren Norden der Insel, Kokkini Hani, haben schon viele Leute eines seiner frühen und gelungensten Werke gesehen, ein Ladenzentrum. Es erinnert an ein kleines kretisches Dorf mit seinen Baukörpern um einen Innenhof. Das Rot der Zwischenwände greift das von Knossos her bekannte minoische Rot auf. Die schmiedeeisernen Geländer zitieren Vorbilder von Häfen entlang der Insel. Aber das Ganze ist proportioniert und beherrscht, nicht wuchernd.

Es lohnt sich, nach Kaffetsakis Bauwerken Ausschau zu halten. Kaffetsakis ist ein Pionier der neuen selbstbewußten und doch auch traditionsbewußten Architektur Kretas. Das ist jetzt dran; denn die letzte Epoche einer hässlichen Unterdrückung dieser wunderschönen Insel ist vorbei. Europa wartet darauf, dass sich das Land mit seiner reichen Geschichte jetzt auch mit der Sprache der Architektur eigenständig artikuliert. Das Land braucht jetzt mutige Gestalter, und Kaffetsakis ebnet ihnen den Weg.

A. Martin Steffe