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Dänemark auf Fünen begegnen

Schlösser bieten dem Touristen guten Zugang zum Land

Drei Privatschlösser außer mehreren Stadtschlössern sind auf der Insel Fünen inmitten Dänemarks ständig dem Publikum geöffnet: Valdemars Slott, Broholm und Egeskov. Sie sind so ansprechend und repräsentativ, dass der Urlauber historische Bauwerke in den bekannten größeren Städten nicht mehr unbedingt anzufahren braucht.

Ein Schloss als Dank der Nation: Valdemars Slott

In Valdemars Slott auf Fünens Nachbarinsel Tåsinge, quasi dem Südzipfel Svendborgs, trifft man auf ein Herzstück dänischer Geschichte.
Erbauen ließ es 1639-44 König Christian IV. für seinen Sohn Valdemar Christian. Dank dieses hohen Auftraggebers repräsentiert es vollständig - und zum Glück bis heute original - die dänische Großmachtbaukunst jener Zeit, nicht anders, als läge es in Kopenhagen.

Nach Valdemars Tod wurde das Schloss 1678 Niels Juel übereignet. Juel ist der Held der Seeschlacht des Jahres 1677 vor Køge, südlich von Kopenhagen. Dank dieses Sieges über die Schweden behielt Dänemark seine damalige Großmachtstellung. Juel bekam also Valdemars Slott mit dem tiefen Dank des dänischen Volkes so wie in Großbritannien der Herzog von Marlborough Blenheim Palace für den Sieg bei Höchstädt über die Armee Ludwigs XIV. Juels Nachkommen, Niels und Molise Juel-Brockdorff, sind bis heute im Schloss ansässig. Bildnisse des dankbaren Königs und der Seeschlacht vor Køge finden sich im ganzen Schloß in großen und kleinen Varianten. Sogar die kaum tragbare Schubladentruhe des Admirals und seine Stiefel sind bewahrt und ausgestellt.

Vielseitigkeit und Schatzkammer voller Kleinodien

Beim Blick auf die Karte mögen die aus Deutschland Kommenden das Schloss für abgelegen halten, es sei denn, sie hätten ohnehin die Fähre Fynshav-Bøjden genommen. Doch Valdemars Slott lohnt jede Anfahrt. Während der kunstinteressierte Teil der Familie durch das kompakte, übersichtliche Haupthaus schlendert, können die jungen Leute ins Spielzeugmuseum schauen, und die Segelsportbegeisterten ins Segelsportmuseum gehen. Im Park ist zwar leider kein Picknick erlaubt, aber erholsame Pausen gewährt er denn doch. Oder man ruht sich in dem von zwei Ostfriesenpferden gezogenen Zweispänner aus und betrachtet von daher die schöne große Anlage. Für längere, geruhsame Mahlzeiten gibt es im Keller des Haupthauses ein gepflegtes Restaurant. Ist der Geldbeutel kleiner, kann man sich draußen am Imbisshäuschen ein sahniges Eis oder varmes pøls (warmes Würstchen) aussuchen. Unter dem riesigen Walmdach des Haupthauses überrascht eine Jagdtrophäen und Ethniensammlung.

Valdemars Slott benötigt also lediglich, als Tagesausflug eingeplant zu werden, zumal viele schon im Örtchen davor und seiner Vielfalt an Fachwerkhäuschen hängen bleiben werden. Es ist auch wirklich allerliebst anzuschauen. Im Inneren des Schlosses sind herausragende Möbelexemplare aufwendigster Art schon alleine einen Rundgang wert. Im Speisezimmer überlebten französische Tapeten ganz seltener Art: Bedrucktes Papier, auf Leinen aufgezogen. Die lange Geschichte der Familie Juel an diesem Ort bis heute hätte auch erwarten lassen können, dass die Räume vollgesammelt sind. Sie sind jedoch bemerkenswert stilrein in ihren jeweiligen Genres sowohl an Mobiliar wie auch Innenraumgestaltung (Teppiche, Vorhänge, Tapeten oder Anstriche) gehalten oder in einigen Fällen wiederhergestellt worden.
Dazu zählen auch die historische Schlossküche und das angrenzende Hauswirtschafterinnenzimmer. Die vollständige Familiengeschichte begleitet den Besucher auf Ölgemälden an den Wänden. Der gute Begleittext, auf deutsch fast fehlerfrei, macht den Rundgang durch Baukunst und Geschichte desweiteren zu einem Vergnügen.

Ausflug in die Karibik

Wären es nicht die erlesenen Räume und ihr erstrangiges Mobiliar, so wäre schon alleine das Westindienzimmer wert, das man einen ungewöhnlichen Blick in die Geschichte wirft. Wer weiß schon, dass auch Dänemark eine Zeit lang Kolonialmacht war? Vielerlei Zeugnisse wie Briefe, Fotos, kleine Aquarelle, Geräte und Möbel - darunter ein Sessel mit verlängerten Lehnen zum Ausruhen der Beine - machen die dänische Kolonialepoche auf den Jungfrau-Inseln (Jomfru-Øerne), heute Virgin-Islands, vertraut. Sie wurden 1917 für 25 Millionen Dollar an die USA verkauft.

In der Inselmitte: Broholm

Die großartige Fülle der Angebote und die kontinuierliche Familiengeschichte und die ungebrochene Dichte kunsthistorischer Zeugnisse in Valdemars Slott sind es nicht, die nun nach Broholm in der Mitte der Insel führen. Lange Ziegelmauern weisen auf mittelalterliche Vorgeschichte des kleinen Landsitzes der Familien Ulfeldt, Skeel und Sehested hin. Tatsächlich liegt der Baubeginn des Schlosses im Jahre 1326, und zwar durch Absalon Johnsen, einen Sohn des Gründers von Kopenhagen. Das ummauerte Gelände begrenzt heute ein der aktuellen Attraktionen des Hauses, nämlich eine Reitschule. Ab Oktober 2002 werden einige Räume ständig für Konferenzen freigegeben, und es gibt dann eine kleine Küche für einfache Mahlzeiten.

Im Vergleich zu anderen Schloßgebäuden spricht Broholm durch seinen Charme an.
Die Räume sind moderat möbliert und sanft beleuchtet, sind in lebhaften Farben gestrichen, auch in Rot, so dass wirkliche Behaglichkeit aufkommt. Besonders fällt die schöne Verteilung der großen Fenster auf. Manchmal reichte den Erstbesitzern nicht das Geld für Textilien, so dass Vorhänge aufgemalt wurden, was den Raum dann etwas ländlich wirken lässt. Die meisten Möbel und Gemälde sind an italienischer Renaissance oder Klassizismus orientiert. Im großen, hellen Saal des 2. Stocks sorgen ein paar Thorvaldsen-Kopien mit ihrem weißen Marmor für noch mehr Helligkeit. In einem anderen Raum grüßt Elisabeth II. von England aus einem gerahmten Ordenstext für die Beteiligung eines Familienmitgliedes im zweiten Weltkrieg auf Seiten Großbritanniens.

Ein Schatz von Flintsteinen

Originellster Einzelbeitrag Broholms ist die riesige Sammlung steinzeitlicher Funde in einem eigens dafür angelegten kleinen Gebäude. Schlossherr Chamberlain N.F.B.Sehested hatte sie mit zunehmendem Eifer gesammelt, nachdem im benachbarten Lundeborg der bedeutendste Goldschatz aus dänischer Frühgeschichte gefunden worden war. Besonders interessant ist eine Vitrine mit Experimenten, dass, was nach Faustkeil aussieht, durchaus auch in verschiedenen Werkzeugen gesteckt haben könnte.

Strandbad Lundeborg, östlich von Broholm, bleibt ein reizvolles Ziel in der Umgebung. Oder die erst 1993 aufgedeckten Königshallen im westlichen Nachbarort Gudme, die größten ihrer Art in Europa, könnten Ausschlag für Broholm geben, wenn die Wahl ist. Gleichfalls nicht weit entfernt liegt der Damsten, der größte Findling Dänemarks.

Ein Schloss als Freizeitindustrie: Egeskov

Die Besitzerfamilie Michael und Margrethe Ahlefeldt-Laurvig-Bille scheint bei englischen Adelsfamilien in die Lehre gegangen zu sein. Ihr Egeskov („Eichwald”) in der Mitte der Insel Fünen bietet seit 1986 eine maximale Unterhaltungsindustrie auf dem gegebenen Raum. Das sollte jedoch nicht abschrecken, denn was geboten wird, ist kein Nepp, sondern sind jeweils erstklassige Angebote, die jeden Abstecher lohnen. Nur sollte man sich schlechtes Wetter oder ein Fußballspiel Dänemark-Korea aussuchen, denn sonst ist ganz Dänemark in Egeskov.

Das kürzlich erst renovierte Schloß, 1554 erbaut, übertrifft in seinen Außenabmessungen kaum das herrschaftliche Valdemars Slott. Es ist auch nur ein Teil seiner Räume zu besichtigen, was den Rundgang erleichtert. Staunen erregt, das man bis unter das Dach hinaufsteigen kann, wo der Besitzer stolz den geleisteten Aufwand an Europas besterhaltenem Wasserschloss auf Fotos demonstriert. Hier erfährt man auch, dass Egeskov im japanischen Hokkaido komplett nachgebaut wurde. Es harmoniert dort mit einer Nachbildung des ebenfalls auf Fünen gelegenen Odense, beherbergt dort das größte Aquarium der Welt. Anregung zu dieser enormen Nachbildung gab der gebürtige Füne Hans-Christian Andersen, dessen Märchen in Japan begeistert gelesen werden.

Uhr mit Orgelwerk

Im Rittersaal steht eine nachgebaute Ritterrüstung, und Fotos zeigen, dass der technikbegeisterte Schlossherr damit einen Traum verwirklichte und tatsächlich einmal mit den 35 kg Eisen herumlief. Das Inventar ist nicht so systematisch geordnet wie in Valdemars Slott und auch nicht so anheimelnd gestellt wie in Broholm, aber vom gleichen kunsthandwerklichen Rang wie dort. So steht in der Gelben Stube eine seltene Wiener Uhr mit Orgelwerk des 18. Jahrhunderts. Einen vollständigen Eindruck von Geschmack des wilhelminischen Zeitalters vermittelt die Klunkestube, in der auch zwei entsprechend gekleidete Puppen sitzen. An die persönliche Beziehung der Familie zum obersten Adel Dänemarks erinnern die auch hier vorhandenen Porträts des dankbaren Königs Christian IV., seines Seehelden Niels Juel und Darstellungen der Schlacht vor Køge. Auch Georg I von England grüßt aus einem Porträt, und deutsche Fürsten wie die von Hessen-Darmstadt oder Württemberg erinnern mit Stahlstichen von erlegtem Wildtier an offensichtlich gemeinsame Ausflüge mit dänischen Verwandten.

Gelee aus Rosenblättern

Gartenbau wäre schon alleine ein Thema für einen Besuch von Egeskov, und in der Tat kann man Karten ohne Besichtigung des Haupthauses kaufen. Im Jahre 1990, dem Jahr der Gartenlabyrinthe in Großbritannien, entstand hier mit 2.000 Bambuspflanzen das größte Labyrinth der Welt. Es ist überkrönt von einem Pagodenturm, von dem aus Schüchterne oder besorgte Eltern den Wagemutigen nachschauen können. Daneben gibt es noch ein nicht öffentlich zugängliches Labyrinth von 1730, das älteste Buchenheckenlabyrinth, sodann ein Eiben-, ein Lärchenlabyrinth und eines vom Künstler Piet Hein, von dem auch weitere Objekte im ganzen Gelände stehen. Im Jahre 1750 wurde im nördlichen Garten, dem Renaissancegarten, eine französische Lilie mit Buchsbaumheckchen angelegt. Vor 30 Jahren wurde diese rekonstruiert. Es gibt einen ausgedehnten Duftgarten inmitten dänischer Fachwerkhäuser, einen Kräuter- und Gemüsegarten, einen Fuchsiengarten, einen Baumwipfelpfad, Wasser-, Rosen- und Staudengärten. Der Pflanzenverkauf ist freundlicherweise am Riesenparkplatz gelegen. Aus den Blättern der Egeskov-Rose wird ein schmackhaftes Gelee hergestellt.

Der Graf im 1938 erworbenen Mercedes

Die ehemaligen Wirtschaftsgebäude nehmen die Sammlungen des technikbegeisterten Grafen auf. Die Oldtimersammlung enthält über die Uraltmodelle wie Ford T hinaus die netten Vertreter der 50er und 60er Jahre wie Lloyd Alexander, Borgward, Goggomobile, Opel Rekord, Renault Dauphine. Die kleine Flugzeugsammlung, deren aufgehängte Exemplare man übersieht, blickt stolz außer auf einen obligaten Saab-Düsenjäger auch auf einen nichtabgestürzten Starfighter. Spezialisten können im Anschluß an den allgemeinen Teil ihrem Interesse mit den speziellen Sammlungen zum Falck-Rettungsdienst, Motorrädern, Kutschen (zum Teil bis heute benutzt), landwirtschaftlichen Geräten oder in einer alten Schmiede frönen. Graf Ahlefeldt-Laurvig-Bille fährt einen 1938 von seiner Familie erworbenen taubenblauen offenen Mercedes, der 1989 restauriert wurde. Zum Oldtimer-Rennen London-Brighton benutzt er allerdings ein gelbes Oldsmobile.

Inmitten der hohen Bäume bietet der weltweit größte Kompan-Spielplatz Kindern jeden Alters vielerlei Geräte, streng auf ihre sichere Handhabung und Platzierung geprüft. Vielleicht aber mögen manche lieber zum Streichelzoo. Das einzige Café ist mit dem Besucheransturm meist überfordert. Die Toiletten wiederum sind erfreulich gut verteilt.

A. Martin Steffe