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Gruß aus Regensburg im Zentrum Irlands

Nicht weit von Irlands Touristenzentren Waterford und Kilkenny entfernt bietet sich dem Reisenden ein außergewöhnliches Ziel: Der Rock of Cashel. Völlig überraschend ragt aus der Ebene von Tipperary plötzlich ein Kalksteinfelsen heraus, als sei er dort von Menschenhand aufgeschichtet worden. Zumal es derlei riesige Aufschichtungen in Irland gibt. Dazu wird der Berg von einem Vieleck von Mauern und Türmen, darunter ein typischer runder Fluchtturm, überragt, als sei der Dom von Limburg versetzt worden.

Mit seinen 30 Metern Höhe bot der Fels schon immer eine gute Aussicht und Wehr. Bis Mitte des 12. Jahrhunderts waren darum die Könige des irischen Teilstaats Munster auf dem Rock of Cashel beheimatet. Hier bekehrte der Heilige Patrick im 5. Jahrhundert den König Aengus, so dass er ihn und seine ganze Familie für das Christentum gewann.Es dauerte jedoch noch bis ins Jahr 1152, dass die Könige den Berg der Kirche schenkten, und er zum Sitz eines Bistums wurde.

Die kleine Kirche die sich wie ein Tierkind eng an die große Kathedralmutter schmiegt und wie nachträglich angebaut wirkt, ist tatsächlich das erste Kirchengebäude auf dem Felsen. König und Bischof Cormac ließ sie ab 1127 bauen. Das waren also noch 25 Jahre vor der entscheidenden Synode von 1152, auf der beschlossen wurde, dass Reformmönche aus Frankreich, namentlich Zisterzienser, das Klosterwesen in Irland neu ordnen sollten, und auf der das Land in Bistümer aufgeteilt wurde.

Die kurze Bauzeit von Cormacs Kapelle in den fünf Jahren bis 1152 läßt nicht ahnen, dass sie offenbar unter großem Einfluß aus Deutschland vollendet wurde. Im Jahre 1120 nämlich hatte der Abt Dionysius der irischen Mönche in Regensburg vier Brüder in die Heimat entsandt, dass sie dort um Geld für seine Kirche in der oberpfälzischen Fremde baten. Über diese Mönche muß der damals in Blüte befindliche Stil der Romanik nach Irland und so nach Cashel gekommen sein. Denn die Jakobskirche in Regensburg war schon 1111 begonnen worden und wurde zwei Jahre nach Abreise der vier spendenbittenden Brüder (1122) abgeschlossen. Cormacs Kapelle - man darf das nicht verwechseln - verwirklichte also schon den Stil der Romanik, noch ehe er mit den Mönchen vom Festland in den ersten Klosteranlagen wie Mellifont oder Boyne umgesetzt wurde!

Wie St.Jakob in Regensburg hat auch Cormacs Kapelle zwei ungleich umfangreiche und hohe quadratische Türme an den Seiten. Das steile Dach mit schweren Steinplatten ließe das einschiffige Kirchenschiff noch höher wirken, wären da nicht die vier Reihen von Blendarkaden, die es schlanker und länger wirken lassen. Das frühere Hauptportal an der Nordseite und das Südportal sind tief gestaffelt, mit einigen Köpfen und mit Zickzackmustern im Spiel mit plastischen Winkelbändern verziert. Im Südportal ist der Markus-Löwe kaum noch zu erkennen. Auf dem Kalksteinfelsen wurde mit Sandstein aus 20 km Entfernung gebaut. Im Nordportal aber kann man noch gut erkennen, wie der Markus-Löwe von einem kleinen Kentaur mit Pfeil und Bogen bedroht wird.

Das Raffinierteste dieser frühen hochentwickelten Bautechnik ist dem Auge des Besuchers gewöhnlich verborgen. Sehen kann man von innen wohl das schöne Tonnengewölbe, das mit Gurtbögen verstärkt ist. Darüber befindet sich eine zweite Dachkammer, die dazu dient, das Gewicht de schweren Steindaches zu tragen. Manche Kunsthistoriker glauben, dass diese Technik an Cormacs Kapelle erstmals in Irland angewandt wurde. Aber auch wenn es diese Technik andernorts bereits gab - Cormacs Kapelle ist in jedem Falle Irlands bestbewahrtes Kleinod und Beispiel der festländischen Romanik.

Die angrenzende Kathedrale wurde von 1224 bis 1238 begonnen und brauchte 65 Jahre bis zur Fertigstellung. Ihr wehrhafter Westturm und die Halle des Vikars, durch die man heute das Gelände betritt, kamen zuletzt im 15. Jahrhundert zur gesamten Anlage hinzu.

A. Martin Steffe