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„Verminderte sexuelle Appetenz“

Sexualleben ist das, was ein Paar daraus macht

An Äußerlichem kann man das Gelingen der Partnerschaft leichter fest machen, so scheint es. Deshalb träumt man anfangs ja auch von Figuren, Haarfarben und bestimmten Fertigkeiten. Tatsächlich aber ist das innere Hingezogensein immer noch die wichtigste kraft für die Sexualität. Deshalb ist man leicht versucht, wenn es Probleme gibt, an Äußerlichkeiten etwas festzumachen und lösen zu wollen. Das ist die Essenz der 16 wahren (!) Geschichten von Partnerschaften, mit denen der Ratgeber beginnt. Darunter finden sich ganz verschiedene Ausgangsprobleme für die Persönlichkeit wie krankhafte Eifersucht als auch Querschnittslähmungen.

Schon die Lebensgeschichten lesen sich angenehm. Denn unter der Aufgabe der Aufklärung hätte ein Verfasser ja auch mit einer ganz saloppen Sprache auf der anderen Seite vom Pferd herunterfallen können. Die Sprache ist so klar und natürlich, dass sie alleine schon beruhigend wirkt. Dazu kommen ästhetische Fotos auch von älteren Menschen.

Es kommt zur Sprache, wie wir unter der Fuchtel der Medien leiden, die uns einerseits ständig gelingendes Sexualleben vortäuschen, andererseits dann auch ein Leistungsniveau als nötig suggerieren. Es kommen Geschichten vor, wie die Mutter entweder als erste wichtigste geliebte Person oder als Hassperson, an der man sich rächen will, in Sexualität hineinspielen kann. Sehr verständnisvoll wird das variantenreiche Problem des Versagens besonders bei Männern behandelt, und zwar ohne das in Illustrierten übliche alberne Beschwichtigen „Männer sind viel zu penisfixiert in der Liebe“.

Die Autorin behandelt auch Auswirkungen von Medikamenten und Krankheiten wie dem Diabetes mellitus auf die sexuellen Möglichkeiten und beschreibt auch Hilfen, die es im Falle von wirklichen körperlichen Beschränkungen (z.B. nach Prostataoperation gibt) und macht sogar Mut, dass etwa Gelähmte Dienste von Personen auch gegen Geld annehmen.

In jedem ihrer Kapitel gelingt der Autorin, deutlich zu machen, dass die zentrale Quelle der Verbesserung einer partnerschaftlichen Sexualität das Gespräch ist – sei es erst mit Arzt oder Therapeut oder aber gleich mit Partner oder Partnerin – so schwer das auch fallen mag. Ihr gelingt, was sie im Nachwort als ihr Ziel beschreibt, „dass Betroffene zum Arzt gehen können in dem Wissen, dass sie mit ihrem Problem nicht alleine dastehen.“ Schade nur, dass der Titel den Eindruck erwecken kann, als ginge es um ein westliches Kamasutra, während das Wichtigste dieses Buches wirklich die Ermutigung zum offenen Gespräch ist.

A. Martin Steffe

Beatrice Wagner: Lust auf Sex. Anregungen für ein erfülltes Liebesleben. Stuttgart 2005 (Trias), ISBN 3-8304-3274-7