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Kunstgestaltung verleiht MS-Patienten eine Stimme

Hamburg. „Die Diagnose der multiplen Sklerose trifft die Patientinnen und Patienten in einem Lebensalter, in dem man Zukunftspläne macht und in die Tat umzusetzen beginnt“, sagte Gerd Reifschneider auf einer Pressekonferenz zur Kreativ-Ausstellung des MS-College in Hamburg. „Die Wucht der Vorstellung, man werde bald im Rollstuhl landen, ist bei diesen Patienten besonders schwer aufzufangen. Deshalb bin ich froh, dass das MS-College die Menschen dazu anregt, künstlerisch aktiv zu werden“, erläuterte der Facharzt und Spezialist für Multiple Sklerose weiter.

Die Multiple Sklerose (MS) ist heute eine behandelbare Erkrankung. Zwar kann immer noch nicht vorhergesagt werden, wie sie sich beim einzelnen Patienten weiterhin bemerkbar machen und entwickeln wird. Aber die Medikamente sind heute wirksamer (verzögern die Erkrankungsphasen, verringern die Nervenschädigungen, erhalten die Nervensubstanz im Gehirn), und die diagnostischen Möglichkeiten haben sich erheblich verfeinert (CT, MRT, radioaktive Messungen). Die Menschen, die heute erkranken, haben gute Aussichten, noch lange aktiv und sogar im Beruf bleiben zu können. „Resignation ist nicht angemessen – es lohnt sich, auch die Krankheit selbst, so wie das Leben, aktiv anzupacken“, sagte Reifschneider.

„Aktiv in die Zukunft“ war aus diesem Grunde auch das Thema des ersten Wettbewerbs, den das MS-College ins Leben rief. Der Wettbewerb wurde von der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DSMG) unterstützt. Angenommen wurden Bilder, Collagen, Bastelarbeiten und Fotografien. Die Hauptpreise bestehen in einem Wellness-Wochenende im Werte von je 500 Euro für zwei Personen. Die eingesandten Arbeiten sollen sowohl online dargestellt als auch in Kalendern veröffentlicht und dadurch gewürdigt werden.

Im Zeitraum Dezember 2006 bis April 2007 wurden von 82 Teilnehmerinnen und Teilnehmern 100 Arbeiten eingesandt. Über das interaktive Kommunikations- und Informationsforum MS-College (www.mscollege.de) konnten sich auch Patienten und Interessierte an der Auswahl beteiligen, was von 173 Personen wahrgenommen wurde.

Die DMSG hat in Deutschland 46.000 Mitglieder, die sich zu 959 Selbsthilfegruppen zusammengefunden haben. Sie werden von 250 hauptamtlichen Mitarbeitern betreut. Die Gesellschaft ist ein Fachverband und eine Serviceorganisation, die auch über drei eigene Kliniken verfügt. „Wir möchten, dass die immunmodulierende Therapie für alle Erkrankten Standard wird. Denn das ist leider keineswegs für alle der Fall,“ sagte Dorothea Pitschnau-Michel, Geschäftsführerin der DMSG und Präsidentin der europäischen Schwesternorganisation, European Multiple Sclerosis Platform (EMSP).

In Deutschland leiden etwa 120.000 Menschen an der Multiplen Sklerose. Frauen sind von ihr häufiger betroffen als Männer: Bei der Erkrankung mit schubförmigem Verlauf ist das Verhältnis 9 zu 5. Insgesamt herrscht in Deutschland ein hohes Vorkommen von etwa 150 Patienten pro 100.000 Einwohner. Pro Jahr treten 3.000 Neuerkrankungen auf. Die Krankheit kommt weltweit vor, tritt aber gehäuft in der weißen Bevölkerung Nordamerikas und Europas auf. Die MS ist aber keine Erbkrankheit und sie ist nicht ansteckend. Die schubförmige Verlaufsform ist die häufigste Form der MS bei Personen unter 40 Jahren. Bei Patienten über 40 Jahren tritt vermehrt die primär-progrediente Verlaufsform auf.

In einer Basistherapie werden in Deutschland Glatiramazetat und drei Interferon-Beta-Präparate verabreicht. Im akuten Schub erhalten die Patienten hochdosiert und intravenös Glukokortikosteroide. Sprechen diese Medikamente nicht genügend an, so können Mitoxantron oder das seit Juli 2006 erhältliche Natalizumab verabreicht werden.

A. Martin Steffe